Schneekanonen für warme Temperaturen
Als das weiße Wunder im Januar vom Himmel herunterkam, fehlten den Einwohnern von Ras al-Chaima die Worte. Schnee - für dieses Phänomen gibt es im lokalen arabischen Dialekt keine Vokabel. Wieso auch? Ganze zwei Mal hat es im drittkleinsten der Vereinigten Arabischen Emirate seit Beginn der Wetteraufzeichnungen geschneit, zuletzt im Januar. Und beide Male war lediglich die Spitze des Dschebel Dschais angezuckert, des höchsten Berges im Scheichtum.
Für Ras al-Chaimas Bürger, die gerade 40 Grad Hitze erdulden müssen, ist Schnee ein Fremdwort. Für die Herrscherfamilie al-Kasimi ist er die Zukunft: Sie wollen ihr Wüstenemirat in ein internationales Ski-Mekka verwandeln. Auf dem Dschebel Dschais lässt Prinz Faisal, der Sohn des Emirs, gerade das erste Outdoor-Skiresort der arabischen Halbinsel bauen. Mehrspurige Autobahnen führen von der Küste hinauf zum 1900 Meter hohen Berg, wo gerade die ersten Luxusdomizile im Schweizer Chaletstil errichtet werden. In Kürze sollen die Pistenarbeiten beginnen.
Dann werden Tausende Bauarbeiter aus Bangladesch, Pakistan und Indonesien ein Netz aus Kühlschlangen und Spezialmatten im Felsboden verlegen. Bis zu fünf Kilometer lang und 500 Meter breit soll die Abfahrt Gerüchten zufolge werden: von oben bis unten künstlich beschneit. Das wäre zehnmal so lang wie die längste Piste in Dubais Skihalle, dem bisherigen Nabel der Skiwelt am Persischen Golf. Wie in den Alpen sollen die Touristen in einer Seilbahn auf den Gipfel des Dschebel Dschais hochschweben. Angeblich plant der Prinz sogar, den Skiweltcup nach Ras al-Chaima zu holen. „Dies ist eine einzigartige Location“, sagt Michel Sakkal, Chef der staatlichen Planungsbehörde, der FTD. „Man wird im Badeanzug Ski fahren können.“ So märchenhaft es klingt – Prinz Faisal meint das alles offenbar ernst. 120 Mio. Dirham (mehr als 20 Mio. €) hat der Chef der Rasal-Chaima-Freihandelszone bereits in seinen Wintertraum investiert. „Die Regierung wird dieses Vorhaben auf jeden Fall umsetzen“, sagt Marjam al-Murschedi, die Assistentin Seiner Hoheit. „In zwei Jahren ist es fertig.“
Dann sollen Tausende schneehungrige Araber und Expatriates aus dem Westen das neue Retortenresort besuchen – auch wenn die Skihalle von Dubai fast immer gähnend leer ist. Technisch ist das Projekt machbar. „Man braucht nur Unmengen von Energie für die Kühlung“, sagt Wolfgang Schmidt, Chef von Skitrax, einem Hersteller von Spezialkunststoffmatten für schneearme Skigebiete. „Mittlerweile gibt es eine Spezialschneekanone, die selbst bei 30 Grad plus noch Schnee erzeugen kann.“ Die Araber dürften aber ein politisches Problem mit der Wundermaschine haben: Der Hersteller kommt aus Israel.
Bericht: ODCC Brand Stories, Financial Times Deutschland